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Schule der Arbeit 1928–33
Leipzig Schleußig

Historische Aufnahme des ursprünglich als gepflasterter Vorplatz geplanten Eingangsbereiches der Schule der Arbeit von 1928 (Repro Angela Dolgner, Halle) und der Zustand im Jahr 1990 (Foto Karla Voigt, Leipzig).

Eingangsbereich des 1996 von der Stadtmedienstelle Leipzig genutzten Gebäudes (Foto Wolfgang Guth, Köln) und des seit 2004 geschlossenen öffentlichen Zugangs zum Gebäude nach dem Verkauf durch die Stadt Leipzig und dem Umbau als Eigenheim mit Einliegerwohnung (Foto Anke Grotlüschen, Hamburg).

Ute Richter, Fotos Atelierwand und Recherche 2022

ZUGANG ZUR BILDUNG

Die Schule der Arbeit (1928–33) war die gelebte Antwort der Pädagogin Gertrud Hermes auf die Arbeiterbildungsfrage, der sie sich in Theorie und Praxis gewidmet hat: „Das Interesse haftet nicht an dem Aufstieg der Begabten; es dreht sich nicht um seine geistige Förderung als Einzelindividuum, sondern es bleibt gebunden an die geistige Not „des großen Haufens“. Die Erforschung dessen, was ist, wie dessen, was werden soll“.

1923 gründete Gertrud Hermes in Leipzig das erste Volkshochschulheim, als „Wohn-, Lebens- und Arbeitsgemeinschaft“ für junge Arbeiter, mit Kursen für die Dauer von 9–12 Monaten. Dafür wurde eine Wohnung von der Stadt in der Bornaischen Straße 108 in Connewitz angemietet. Es gab zwischen 1923 und 1933 in Leipzig insgesamt sechs dieser Volkshochschulheim genannten Wohngemeinschaften der Arbeiterbildung, darunter auch zwei „Mädelsheime“ für Arbeiterinnen.

1925 schreibt Gertrud Hermes in einem Konzept zur Schule der Arbeit: „von hoher pädagogischer Bedeutung ist auch der Bau eines eigenen Heimes. Die Schüler würden in einer Umgebung leben, frei von all den hässlichen Erzeugnissen einer minderwertigen Kultur, mit denen heute die allermeisten Wohnräume angefüllt sind, frei auch von aller Romantik, die sich von den Tatsachen des gegenwärtigen Lebens abwendet. Ausgestattet mit den Errungenschaften der neusten Technik, gestaltet aus dem Geist der Gemeinschaft, wird das Heim ihnen eine Stätte bieten, die allein durch ihr Dasein und die besondere Art ihrer Gestalt bildend auf das gesamte Empfinden ihrer Bewohner einwirken wird“.

1928 konnte unter Ihrer Leitung ein modernes Gebäude realisiert werden, das bis in alle Einzelheiten für das gemeinsame Leben und Lernen von jungen Arbeitern in kleiner Gemeinschaft geplant wurde. Das Volkshochschulheim befand sich im oberen Stockwerk der Schule der Arbeit. Um den hellen zentralen 64 qm großen Gemeinschaftsraum mit Oberlicht waren die Schülerzellen angeordnet, kleine 2-Mann-Zimmer mit Ober- und Unterbetten. Zusammen mit 12 jungen Männern lebten auf dieser Etage auch zwei Lehrer und zwei Hauswirtschafterinnen.
Für Verpflegung, Wohnen und Bildung zahlten die Arbeiter zwei Drittel ihres Lohnes. Nur das Gehalt des Lehrers wurde vom Volksbildungsamt übernommen. Die begehrten Plätze in diesen Wohngemeinschaften wurden jedes Jahr zur Bewerbung ausgeschrieben.

Die Arbeiter verließen gegen 6 Uhr morgens das Haus. Der eigentliche Unterricht fand in den Abendstunden statt. Drei Abende in der Woche waren für den Unterricht in gesellschaftlichen Fragen vorgesehen, ein Abend für künstlerische Tätigkeit, am Wochenende gab es gemeinsame Ausflüge, einmal im Jahr größere Exkursionen. Über Bekanntmachungen des Volksbildungsamtes in den Tageszeitungen wurden auch Gäste und ehemalige Schüler zu offenen thematischen Abenden in die Schule der Arbeit eingeladen.

Die untere Etage der Schule der Arbeit mit dem Saal für 120 Personen, zwei Klassenzimmern und Bibliothek wurde vom Volksbildungsamt für regelmäßige Kurse der Arbeiterbildung und für Veranstaltungen angemietet.

Ute Richter, 2022