SCHULE DER ARBEIT – EIN VERGESSENER ORT

Architekt, Johannes Niemeyer, Halle a.d. Saale
Gründerin, Leiterin und Bauherrin, Gertrud Hermes
Vorstand Schule der Arbeit e.V.

Adresse, Leipzig Schleußig, Stieglitzstraße 24, heute Hausnummer 40

1928–1933
Gebäude der Moderne für Arbeiterbildungszwecke
Neubau als Volkshochschulheim in Leipzig

Leipziger Neuste Nachrichten, 11. August 1928
„Unmittelbar am Walde gelegen und doch nur 10 min vom Zentrum entfernt, bieten die schön ausgestatteten sonnigen Räume eine ungewöhnlich günstige Stätte. Es können zwölf Burschen im Alter von 18 bis 24 Jahren aufgenommen werden. Der Unterricht erstreckt sich auf die gesellschaftswissenschaftlichen Fragen, die für den Arbeiter wichtig sind. Der Lehrgang dauert neun bis zehn Monate. Ein Abend pflegt freier künstlerischer Handarbeit gewidmet zu sein. Für Wohnen, Verpflegung und Unterricht wird ein bestimmter Prozentsatz des Lohnes einbezahlt. Er betrug bisher zwei Drittel des Lohnes. Meldungen am besten mündlich abends bei der Leiterin Frau Gertrud Hermes.“

Die Arbeiterbildungsfrage

Das Konzept der Schule der Arbeit entstand in enger Zusammenarbeit von Gertrud Hermes mit Hermann Heller, dem ersten Leiter des 1922 gegründeten städtischen Volksbildungsamtes in Leipzig. In mehreren gemeinsamen Arbeitszusammenhängen, vor allem im Seminar für freies Volksbildungswesen an der Universität Leipzig wurde von beiden Pionierarbeit für Arbeiterbildung in Theorie und Praxis geleistet.

Ab 1925 setzte sich Gertrud Hermes für die Realisierung dieser Arbeiterbildungsanstalt ein, die von Oktober 1928 bis März 1933 als Modellprojekt in Leipzig existierte. Die moderne Architektur von Johannes Niemeyer verkörpert das pädagogische Konzept von Gertrud Hermes, in Wohngemeinschaften (Volkshochschulheime genannt) gemeinsam zu leben und zu lernen, „um jungen Arbeitern zu einer geschlossenen Bildung zu verhelfen“.

Die Entwürfe für die Schule der Arbeit von Johannes Niemeyer wechselten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien von 1924–27 Umfang und Form, von einem utopisch expressiven Entwurf aus dem Jahr 1924 bis zum realisierten Neubau 1928 in der Stieglitzstraße.

Ute Richter, Texte und Recherche
Leipzig 2022

Website

Die Dokumentation zur Schule der Arbeit auf dieser Website ist Ergebnis des Forschungsprojektes der Leipziger Künstlerin Ute Richter im Jahr 2021–22. In umfangreichen Archivrecherchen wurden Bildmaterial, Dokumente und Texte zur Schule der Arbeit gesichtet und zusammengefasst. Ein Teil davon wird auf dieser Website öffentlich sichtbar.
Nach der Recherche von Ute Richter entstand in Zusammenarbeit mit Franka Sachse und Luise Ritter der Film „GERTRUD oder Die Differenz“ als künstlerische Aneignung der vergessenen Geschichte. Der Film öffnet mit animierten Zeichnung den Zugang zum Gebäude und vermittelt in unterschiedlichen Kapiteln die Geschichte der Schule der Arbeit und ihrer Gründerin Gertrud Hermes.

Bildnachweis
Berlinische Galerie, Architekturarchiv, 1928
Stadtarchiv Leipzig, Kap 10 Nr 408 Bh 2, Bh 6 Bd 2, 39, 1922–37
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, 1928
Archiv Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, 1928
Schulmuseum Leipzig, 1930
Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, 1934
Volkshochschule Leipzig, 1950
Angela Dolgner, Halle, 1990
Karla Voigt, Leipzig, 1990
Wolfgang Guth, Köln, 1996
Anke Grotlüschen, Hamburg, 2018
Ute Richter, Leipzig, 2021–22

Förderungen
Die künstlerische Forschung zur Schule der Arbeit in Leipzig und die Dokumentation der Recherche wurden gefördert durch das Kulturamt der Stadt Leipzig, die Rosa Luxemburg Stiftung Sachsen, EUROPAS ZUKUNFT Gesellschaft zeitgenössischer Kunst, den Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Programms NEUSTART KULTUR, die Akademie der Künste Berlin und die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

Dank
Mein Dank gilt Angela Dolgner (1990), Wolfgang Guth (1996) und Arne Meisel (2004) für ihre Recherchen zur Geschichte der Schule der Arbeit.

Copyright © 2022 Ute Richter
Recherche, Texte und Fotos Ute Richter
und die angegebenen Fotografen.