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Schule der Arbeit 1928–33
Leipzig Schleußig

Neuzeitliche Baukunst, Leipzig ist arm an Bauten im modernen Stil
Neue Leipziger Zeitung, Freitag 23. November 1928, Seite 3 (Foto Ute Richter, Atelierwand und Recherche 2022)

Neuzeitliche Baukunst, Leipzig ist arm an Bauten im modernen Stil

… Man sagt der neue Baustil, soweit man von ihm überhaupt schon reden kann sei nüchtern, ja unschön: noch so verbildet durch das kitschig Unzweckmäßige ist der Geschmack und so ungeschult ist das Auge. Sollte unsere Epoche dermaßen gedankenarm sein, daß Baukunst nicht neue, zeit- und zweckentsprechende Ausdrucksformen hervorbringen könnte? Unsere Abbildungen beweisen, daß dem zum Glück nicht so ist. In Leipzig und Umgebung muß man allerdings vorläufig noch nach Zweckbauten im modernen Stile suchen. Nur ganz sporadisch sind sie meist privater Initiative zu verdanken. …

In der Stieglitzstraße in Schleußig erhebt sich seit einiger Zeit ein weißes Gebäude, dessen Gestaltung starke Verwandtschaft mit dem Bauhausstil aufweist. Es ist der Neubau der Schule der Arbeit, die dem Leipziger Volksbildungsamt angegliedert ist. Seine Ausführung wurde dem Architekten Professor Niemeyer aus Halle anvertraut. Ein Rundgang durch das Haus läßt die Verwandtschaft der Ideen des Erbauers mit den Bestrebungen des Dessauer Bauhauses deutlich hervortreten. Im Erdgeschoß liegen die Unterrichtsräume, ein großer stilvoller Versammlungsraum – 120 Personen fassend – und die Bibliothek. Die Mitte des Obergeschosses nimmt der durch Oberlicht erhellte allgemeine Wohnraum ein. Von drei Seiten wird er von den Schlafkabinen umgeben, die der Platzersparnis halber mit Unter- und Oberbetten versehen sind. Eingebaute Schränke, große Fenster, Zentralheizung, fließendes heißes Wasser vervollständigen die neuzeitliche, alles Überflüssige vermeidende Ausstattung. Auf dem flachen Dach soll ein Sonnenbad eingerichtet werden. 100 000 Mark Baukosten sind entstanden.

Die Schule der Arbeit in Schleußig
Schöpfung von Taut in Gautzsch
Siedlungshaus in Großstädteln
Neues Umformwerk am Yorkplatz
Wohn- und Arbeitshaus Gohlis

Ein Überblick über neuzeitliche Baukunst in Leipzig zeigt bei einem Vergleich mit anderen Städten, daß Leipzig auf diesem Gebiete moderner Gestaltung zurücksteht. Städte wie Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart, Düsseldorf, Hannover, und vor allem Frankfurt am Main, aber auch kleinere Gemeinwesen wie Dessau, bieten heute bereits eine Fülle moderner Architektur, die in unserer Stadt nur ganz vereinzelt anzutreffen ist. …

Neue Leipziger Zeitung, Freitag 23. November 1928, Seite 3